Zum Tode des Baba Sheikh

  
Die Religionsgemeinschaft der Jesiden kennt neben einem weltliches Oberhaupt, Mir – Prinz, auch ein geistliches Oberhaupt, Baba Sheikh. Traditionell werden beide Ämter in einer Mischung aus Abstammungs- und Wahlprinzip besetzt.
Der jesidische Glaube wird seit Generationen mündlich weitergegeben. Er unterliegt einer strengen Abschottung, so dass eine Konversion zum Jesidentum bislang nicht möglich ist und eine Ehe nur innerhalb der Jesiden geschlossen werden sollte. Eine Mischehe führte traditionell zum Ausschluss oder sogar zu einem Ehrenmord.
  
Diese Glaubensauslegung brachte die ohnehin schon kleine Religionsgemeinschaft im Zuge des IS-Terrors an den Rande der Ausrottung.
  
Der kürzlich verstorbene Baba Sheikh, mit bürgerlichem Namen Sheikh Khurto Haji Ismail, galt trotz seines hohen Alters in dieser Hinsicht als Reformer, der die in der IS-Gefangenschaft versklavten Frauen und deren durch Gewalt gezeugten Kinder nicht verstieß sondern ausdrücklich segnete. Nicht die Opfer hätten ihre Ehre verloren, sondern die Täter.
  
Mit Baba Sheikh verlieren nicht nur die Jesiden einen Reformer, sondern die Gesamtgesellschaft ein leuchtendes Vorbild.
  
Der Zentralrat Orientalischer Christen in Deutschland e.V. betrauert diesen schweren Verlust. Möge Baba Sheikh in Frieden Ruhen und ihm das ewige Licht leuchten.
  
München, 05.10.2020
Der Vorstand