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Autor: Simon Jacob  
Ort: Deutschland
Format: Text
Thema: Religion, Politik
Datum: 15.08.2024
Portal: ZOCD.DE
Textdauer: 5 Minuten
Sprache: Deutsch
Titel: „Wie hältst du es mit der Religion?“ - Die Kirchen und ihre gesellschaftliche Relevanz 
 
 
 
 
 
„Wie hältst du es mit der Religion?“ - Die Kirchen und ihre gesellschaftliche Relevanz

 

Die CDU/CSU lud am 12. Juni 2024 zu einem jährlichen Fachgespräch ein, bei dem das gesellschaftlich-religiöse Miteinander im Mittelpunkt stand. Der aktuelle Kongress, an dem der ZOCD, vertreten durch den kooptierten Vorstand und Gabriel Gouriye aus Berlin, teilnahm, brachte Kirchenvertreter (Ost & West), Politiker und Christinnen und Christen zusammen. Diskutiert wurden insbesondere die Funktion der Kirche, ihre sinnstiftende Arbeit, ihr Wirken im Parlament sowie die Zukunft der Gesellschaft im digitalen Wandel. Friedrich Merz (CDU/MdB) sprach ein Grußwort, zahlreiche weitere Politiker nahmen teil. Den offiziellen Bericht der CDU finden Sie hier.  Mit dem Vertreter des ZOCD, Gabriel Gouriye, haben wir nach der Veranstaltung ein Interview geführt.

   
  

Fragen an Gabriel Gouriye (kooptierter Vorstand ZOCD e.V.)

 

1. Was war der Haupttenor der Veranstaltung?

Das Hauptthema war die Religionsfreiheit. Vor allem in Bezug auf die verschiedenen Strömungen des Christentums. Es kamen Vertreter der westlichen Kirchen (evangelisch, katholisch), aber auch der östlichen Kirchen zu Wort. Dabei entstand ein intensiver Dialog. 

 

 2. Was war das Ergebnis der Veranstaltung?

Die Veranstaltung war geprägt von unterschiedlichen Meinungen und Sichtweisen, was meines Erachtens für den Pluralismus in unserer Gesellschaft spricht und wünschenswert ist. Interessant waren die differenzierten Sichtweisen zwischen Politik und Kirche. Gerade die westlichen Kirchen scheinen mit der hiesigen Politik nicht immer einer Meinung zu sein. Aber auch das gehört zu einer pluralistischen Gesellschaft, in der Gedanken bewusst ausgetauscht werden.

  

3. Welche Bedeutung haben Veranstaltungen dieser Art in Deutschland?

Es ist wichtig, dass es einen Dialog und Austausch zwischen Politik und Religion gibt, denn gläubige Menschen sind Teil einer religiös und areligiös vielfältigen Gesellschaft. Gerade wir orientalischen Christen in Deutschland, deren Zahl durch die Flüchtlingswellen massiv zugenommen hat, fühlen uns von der Politik nicht wahrgenommen. Teilweise sogar ignoriert. Dem versucht der ZOCD als Verein entgegenzuwirken. Wir sind froh, dass wir mit der CDU/CSU einen kompetenten Ansprechpartner haben, mit dem wir Ängste, Sorgen aber auch Hoffnungen teilen können. Wir sehen oft, dass andere Parteien, wie die Grünen oder die SPD, intensive Kontakte zu muslimischen oder jüdischen Organisationen pflegen. Es ist uns ein Rätsel, warum die in letzter Zeit stark angewachsenen nahöstlich geprägten Gemeinden in den genannten Parteien, zumindest nach unserer Erfahrung, kaum Beachtung finden. Dabei freuen wir uns über solche Veranstaltungen, egal von wem sie ausgehen.  Ich glaube, dass es gerade für die Vielfalt in Deutschland wichtig ist, sich mit allen Akteuren an einen Tisch zu setzen, wenn man die Bürgerschaft repräsentieren will.

 

4. Wie hat dich als in Deutschland aufgewachsenen orientalischen Christen der Austausch berührt?

Die Debatte hat mich tief berührt, auch vor dem Hintergrund der christlichen Wurzeln Deutschlands. In einer modernen Gesellschaft mit all ihren gleichberechtigten Werten und Normen ist die Religion, Gott sei Dank, nicht mehr der entscheidende Faktor, nach dem ein Mensch beurteilt wird. Diese Zeit haben wir längst hinter uns gelassen. Das wissen auch wir als orientalische Christen in Deutschland. Dennoch dürfen wir nicht vergessen, woher unser moralischer Kompass kommt. Nächstenliebe, Vergebung, Gleichberechtigung - die Bergpredigt als Impulsgeber - haben als urchristliche Werte Demokratie und Pluralismus mitgeprägt. Und das hat auch die CDU/CSU bei der Veranstaltung zum Ausdruck gebracht.

 

5. Was nimmst Du als besonders prägendes Merkmal mit?

Wir müssen im Rahmen unseres Glaubens mehr tun. Nach dem Motto: "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein." Die Seele des Menschen braucht Pflege und Zuwendung. Aber viele wissen nicht mehr, wo die heilende Kraft der Religion zu finden ist. Gerade wir orientalischen Christen, die viel Leid erfahren haben, wissen, wie wichtig geistlicher Beistand ist. Viele suchen ihn im digitalen Raum bei TikTok und Co. Ich glaube, wir müssen „Religion“ wieder lebendiger, authentischer und offener machen. Wir müssen raus aus dem Abstrakten und einfach mehr auf die Menschen zugehen. Übrigens eine urchristliche Eigenschaft, die in der Hektik des Alltags oft untergeht.

 

 

Wir danken Gabriel, der sich ehrenamtlich um die Belange des ZOCD in Berlin kümmert und sich die Zeit genommen hat, an dieser wichtigen Veranstaltung teilzunehmen und anschließend seine Erfahrungen mit uns allen zu teilen.