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Autor: Simon Jacob

Ort: USA, Chicago,Illinois

Format: Tagebucherzählung

Thema: Gesellschaft

Datum: 20.09.2023 

Portal: zocd.de, peacemaker-tour.com

Textdauer: 10min

Sprache: Deutsch

Titel: Sweet Maple: Cafe der Kulturen in den Vereinigten Staaten von Amerika

 


Simon Jacob: Laurene, 20.09.23 Chicago

 

Sweet Maple: Cafe der Kulturen in den Vereinigten Staaten von Amerika

Wie beschreibt man ein Thema, das einen seit Jahren beschäftigt? Ausgehend von meinem Menschenbild sehe ich den Menschen einfach als Menschen, unabhängig von Hautfarbe, Kultur, Religion oder sexueller Orientierung. Nach meinem christlichen Weltbild gibt es keine Menschen erster, zweiter und dritter Klasse. Menschen sind Menschen und zugleich Bürger. Das soziokulturelle Umfeld, der Zugang zu Bildung, Sicherheit, persönlichem Besitz und die Teilhabe am politischen und kulturellen Leben bestimmen die Stellung und den gesellschaftlichen Rang eines Menschen. Oder sollten es zumindest in einem idealen und homogenen Umfeld tun, in dem alle die gleichen Chancen haben. Doch leider gibt es in den Vereinigten Staaten Vorurteile gegenüber anderen, egal wie hart sie arbeiten. Im Mikrokosmos der verschiedenen Gesellschaftsschichten haben sich Parallelstrukturen gebildet, die eher nebeneinander als miteinander leben. Nach meiner Beobachtung geschieht dies oft nicht einmal absichtlich. Der durchschnittliche US-Bürger arbeitet von Montag bis Freitag hart. Am Wochenende widmet er sich Einkäufen, notwendigen Erledigungen, Freizeitaktivitäten wie Sportveranstaltungen, Konzerten oder Restaurantbesuchen oder verbringt viel Zeit mit der Betreuung seiner Kinder. Wenn dann noch Zeit bleibt, vor allem sonntags, gehen viele Angehörige verschiedener Religionsgemeinschaften in den Gottesdienst, in die Synagoge (samstags) oder in die Moschee (freitags) etc. Obwohl die Zahl der Menschen, die keiner Religion angehören, ständig wächst, werden sich laut einer Umfrage von Statista im Jahr 2020/2021 immer noch 70 % der Amerikaner als religiös bezeichnen. Dies hat Auswirkungen auf den politischen Konsens der beiden führenden Parteien, Republikaner und Demokraten. Religion kann sowohl zum Zusammenhalt der Gesellschaft beitragen als auch zu ihrer Spaltung führen, wenn sich religiöse Ansichten radikalisieren, wie es in den USA gelegentlich der Fall ist.

Die Fragmentierung der Gesellschaft in den USA scheint mir wesentlich tiefer zu sein als in Deutschland. Neben der Tatsache, dass US-Bürger der Mittelschicht aufgrund ihrer beruflichen Belastung oft wenig Zeit haben, andere Stadtviertel zu besuchen, in denen Afroamerikaner, Asiaten oder Inder leben, sind es Ängste, gepaart mit stereotypem Denken, die verschiedene Gesellschaftsschichten davon abhalten, sich auszutauschen und besser kennen zu lernen. Besonders betroffen scheint die afroamerikanische Gemeinschaft zu sein, die einst als Sklaven auf den Plantagen des Südens ausgebeutet und als Menschen zweiter Klasse betrachtet wurden. Interessanterweise sind afrikanischstämmige US-Amerikaner, die erst in den letzten Jahrzehnten in die USA eingewandert sind, nach Aussagen verschiedener Interviewpartner erfolgreicher als die einheimischen Afroamerikaner. Vor diesem Hintergrund versuche ich, die nicht einfache Situation der afroamerikanischen Gesellschaft möglichst objektiv und rational zu verstehen.

 

Die Bürgerrechtsbewegung in den USA

Bis in die 1960er Jahre war das Leben der afroamerikanischen Bürger in den USA von der Rassentrennung (Racial Segregation) geprägt. Obwohl die Sklaverei in den Südstaaten mit dem Ende des Bürgerkriegs 1865 abgeschafft wurde, bedeutete dies nicht automatisch, dass die ehemaligen Sklaven volle Bürgerrechte erhielten. Die rassistisch begründete Rassentrennung bestimmte die Rechte von "Weißen" und "Schwarzen" im öffentlichen und privaten Leben. Farbige Bürger waren erheblich benachteiligt. So waren beispielsweise sexuelle Kontakte zwischen "Weißen" und "Schwarzen" verboten und Eheschließungen zwischen ihnen untersagt. In Restaurants, Theatern, Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen gab es getrennte Bereiche, in denen Nicht-Weiße erheblich benachteiligt wurden. In öffentlichen Verkehrsmitteln gab es reservierte Plätze nur für Weiße, während Afroamerikaner sich mit unzureichenden Sitzgelegenheiten begnügen mussten. Ähnliches galt für die indigene Bevölkerung, die bei der Besiedlung des Kontinents als minderwertig angesehen wurde, und für die chinesischen Einwanderer, die maßgeblich am Aufbau der Infrastruktur beteiligt waren und durch den "Chinese Exclusion Act" in gesonderte Viertel, die heute als "Chinatowns" bekannt sind, gedrängt wurden.

Diese Situation änderte sich erst in den 1960er Jahren mit der Bürgerrechtsbewegung, die von Martin Luther King angeführt und von Persönlichkeiten wie Booker T. Washington, W.E.B. Du Bois, Thurgood Marshall und vor allem Rosa Parks unterstützt wurde. Die Geschichte von Rosa Parks verdient einen eigenen Artikel. Martin Luther King setzte sich, inspiriert von Mahatma Gandhi, für gewaltlosen Widerstand gegen Unterdrückung und soziale Ungerechtigkeit ein. Er rief zum Widerstand gegen die Benachteiligung der schwarzen Bevölkerung in den Südstaaten auf und begründete dies mit dem christlichen Wertekanon, der die Gleichwertigkeit aller Menschen unabhängig von ihrer Hautfarbe betont. Später wurde King während seiner aktiven politischen Tätigkeit ermordet. Sein Vermächtnis und das vieler anderer Aktivisten führte schließlich Ende der 1960er Jahre zu Bürgerrechtsreformen in den USA. Die Rassentrennung, die so genannte "Segregation", wurde aufgehoben, und Afroamerikaner und andere nicht-weiße Gruppen erhielten volle Bürgerrechte.

Heute, viele Jahrzehnte später, scheinen die Auswirkungen der von Martin Luther King initiierten Bewegung noch nicht vollständig verblasst zu sein. Unterschiede und Ungerechtigkeiten, geprägt von Ängsten auf beiden Seiten, dominieren nach wie vor den gesellschaftlichen Diskurs. Die "Black Lives Matter"-Bewegung ist nur ein Symptom der noch nicht vollständig aufgearbeiteten Geschehnisse, deren Wurzeln in der Versklavung derjenigen liegen, die auf den Plantagen der weißen Besitzer arbeiteten, um den Profit derer zu steigern, die unmenschlich handelten.

 

Hallo Laurene... 2022

Es war ein schöner Spätsommertag im September 2022 in Chicago. Ich war gerade von unseren Flitterwochen in den USA zurückgekehrt, die meine Frau Leena und mich durch Illinois und Missouri bis nach Kentucky geführt hatten. Meine frisch angetraute Ehefrau hatte noch viele Besorgungen zu machen, und so nutzte ich die verbleibende Zeit in Chicago, um ein wenig zu bummeln. Schon als Kind liebte ich es, meine Heimatstadt zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erkunden und versteckte Ecken und Winkel zu entdecken. Meine Neugier kannte keine Grenzen und das hat sich auch als Erwachsener nicht geändert.

In der Near West Side ging ich mit meiner treuen Canon 6D Kamera auf Motivsuche. Besonders fasziniert bin ich von Graffiti, die ich leidenschaftlich gerne fotografiere, selbst in Kriegsgebieten. Die künstlerische Darstellung mit der Spraydose spiegelt immer die Gefühlswelt eines Stadtviertels wider, egal ob es sich um ein lateinamerikanisches Ghetto in Los Angeles, Bagdad, Qamishli in Syrien oder Chicago handelt. Die Suche nach Eindrücken machte mich hungrig, vor allem, wenn ich nicht gefrühstückt hatte. So entdeckte ich, angezogen von der interessanten Fassadengestaltung, das "Sweet Maple Cafe" in der Taylor Street. Schon damals schrieb ich einen Artikel über das Café und seine Besitzerin Laurene, die mich faszinierte. Wenn man das Lokal betritt, fühlt man sich in eine andere Zeit versetzt. Ich musste an Mark Twains Abenteuer von Huckleberry Finn und Tom Sawyer denken. Besonders aufgefallen ist mir, dass im Sweet Maple Cafe Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kultur und sexueller Orientierung mit Freude ihrer Arbeit nachgehen. Auch die Gäste, die zahlreich vertreten waren, hätten unterschiedlicher nicht sein können.

 


Simon Jacob: Mitarbeiter im Sweet Maple Cafe, 20.09.23 Chicago

 

Von Neugier getrieben, fragte ich, damals im Jahr 2022, das Personal direkt nach dem Besitzer dieses vielfältigen Ortes für süßes und leckeres Frühstück. Man stellte mir eine dunkelhäutige Frau vor, die mich sofort in ihren Bann zog und faszinierte.

"Hallo, ich bin Laurene", sagte sie mit wenigen, offenen Worten und einem ansteckenden Lächeln, das mich bis heute nicht mehr losgelassen hat.

 

Ich bin zurück, Laurene... 2023

Wie bereits erwähnt, habe ich 2022 einen kurzen Artikel über Laurene und das Sweet Maple Cafe veröffentlicht. Der Kontakt zwischen mir und dieser großartigen Köchin und Cafébesitzerin ist nie abgerissen. Wir tauschten uns über deutschen Käsekuchen aus und darüber, dass in meiner Heimat (Deutschland) Quark für Käsekuchen verwendet wird (was in den USA unbekannt ist) und in den USA "Frischkäse". Wir haben uns einfach verstanden. Da meine Frau Leena und ich planten, im September 2023 wieder in die USA zu reisen, kündigte ich einen weiteren Besuch im Sweet Maple Cafe an. Laurene nahm meine Einladung mit großer Freude an. Gleichzeitig ließ ich sie wissen, dass es mir diesmal nicht um das hervorragende Frühstück in ihrem Café ginge, sondern um sie als Schöpferin eines geradezu magischen Ortes, an dem Menschen unterschiedlicher Herkunft und Identität zusammenkommen.

So besuchte ich am 20. September 2023 erneut diese bemerkenswerte Frau, die mit ihrem Lächeln verzaubert und von der man glauben könnte, sie könne die besten Kuchen, Muffins und Crêpes der Welt zaubern.

In meinem Interview mit ihr habe ich auch sehr persönliche Fragen gestellt, die sich viele in den USA nicht zu stellen trauen. Vielleicht liegt es daran, dass ich in Deutschland aufgewachsen bin, wo es als selbstverständlich gilt, höflich nachzufragen, wenn einen etwas interessiert oder man Zusammenhänge nicht versteht. Gerade in Bezug auf Afroamerikaner wurde mir immer wieder gesagt, dass bestimmte Themen tabu seien. "Warum darf ich das nicht fragen", fragte ich immer wieder. Die Antwort war unbefriedigend. Immer wieder hieß es, man solle das lieber nicht ansprechen, weil es Konflikte, Ärger, Wut oder Unzufriedenheit auslösen könnte. Aber ohne Fragen kann man keine Probleme lösen. Eine Demokratie muss den verbalen Austausch in einem vielfältigen Umfeld wie Laurenes Café aushalten können.

 

What's up, Laurene?


Simon Jacob: Interview mit Laurene im Sweet Maple Cafe, 20.09.23 Chicago

 

Laurene, Jahrgang 1956, wuchs in einer Zeit auf, in der die Bürgerrechtsbewegung, geprägt von Persönlichkeiten wie Martin Luther King, Rosa Parks, Thurgood Marshall, Booker T. Washington und vielen anderen, erst in die Gesellschaft integriert werden musste. Es war keine einfache Zeit, denn dieser Prozess war von Umbrüchen geprägt. Laurene erzählte zum Beispiel, wie sie als Kind in eine Nachbarschaft zog, in der vorher hauptsächlich Weiße gelebt hatten. Mit der Zeit zogen die Weißen weg und sie kannte nur noch Menschen afroamerikanischer Herkunft in ihrer Umgebung. Als Kind nahm sie an, dass die ganze Welt hauptsächlich von Menschen afroamerikanischer Abstammung bevölkert sei. Sie erzählte auch von ihrer Schulzeit, in der sie mit anderen Minderheiten in Kontakt kam und Teil einer sich verändernden Welt wurde. Es war eine Zeit, in der die Rassentrennung allgegenwärtig war und teilweise immer noch ist, wie sie mir erzählte.

 


Simon Jacob: Laurene zeigt mir Bilder aus der Schulzeit, 20.09.23 Chicago

 

Auf meine Frage, warum wir im Jahr 2023 immer noch eine Segregation haben, erklärte sie, dass Angst eine große Rolle spielt. Die Schwarzen hätten Angst, in die Viertel der weißen Mittelschicht zu gehen, weil sie befürchten, dort unter besonderer Beobachtung zu stehen. Insbesondere der Umgang der Polizei mit Afroamerikanern löse Unbehagen aus. Erschwerend kommt hinzu, dass es in den letzten Jahren vorgekommen ist, dass Hausbewohner „farbige“ Menschen erschossen haben, weil sie sie für Einbrecher hielten. Das Schicksal eines 16-jährigen schwarzen Teenagers aus Kansas City, Missouri, der im April dieses Jahres (2023) versehentlich an der falschen Haustür klingelte und vom 80-jährigen Hausbesitzer erschossen wurde, ging um die Welt.  Nach der Vernehmung des Schützen gab dieser an, nicht aus rassistischen Motiven gehandelt, sondern Angst vor dem Aussehen des jungen Afroamerikaners gehabt zu haben.  Weiße wiederum trauen sich nicht in die Viertel der Schwarzen, weil sie Überfälle fürchten. Und in der Tat ist es so, dass in bestimmten Vierteln, in denen es praktisch keine Nicht-Weißen gibt, die Angst, diese Viertel zu betreten, sehr groß ist. Mir wurde immer wieder gesagt, gerade als Tourist, dass ich bestimmte Viertel meiden soll. Auch Hispanics und Schwarze misstrauten sich gegenseitig und gingen nicht in die jeweiligen Viertel, weil Bandenkonflikte zu Gewalt führen könnten. Asiaten mieden bestimmte Gegenden aus Angst, Opfer von Kriminellen zu werden. Natürlich waren das extreme Beispiele, die Laurene mir schilderte, aber sie versuchte, den Kern dessen zu beschreiben, was seit ihrer Kindheit und auch heute noch die Trennung oder "Segregation", wie sie es nennt, ausmacht: die Angst vor dem Anderen, dem Unbekannten, dem Mitbürger, über den man spricht, ohne mit ihm zu sprechen. Negative Nachrichten, aufgebauscht und angereichert durch Fake News und Halbwahrheiten im Internet, verstärken dieses Misstrauen und spalten die Gesellschaft. Die Folge ist, dass Gruppen und Gemeinschaften einander aus dem Weg gehen, ohne den Versuch zu unternehmen, sich kennen zu lernen.

Aus meiner persönlichen Erfahrung, auch in meinem Freundeskreis und meiner eigenen Gemeinde in den USA, muss ich Laurene leider zustimmen. Immer wieder habe ich Dinge erlebt, die mich zutiefst verunsicherten und mich veranlassten, mich intensiver mit Vorurteilen gegenüber Farbigen, Asiaten, Latinos, Juden und anderen zu beschäftigen. Diese Vorurteile wurden oft geäußert, ohne die betreffenden Gruppen wirklich zu kennen. Es sei denn, man hatte keine andere Wahl, als sich kennen zu lernen, weil man im selben Stadtteil wohnt. In solchen Fällen änderte sich oft die Einstellung zum anderen. Und genau das hat diese bemerkenswerte Frau, die auch noch hervorragend kochen kann, unbewusst erreicht. Mit dem Sweet Maple Cafe in der Taylor Street hat sie einen Ort geschaffen, an dem Menschen unterschiedlicher Herkunft und Identität zusammenkommen und Spaß haben können, egal welcher Gemeinschaft, Religion oder sexuellen Orientierung sie angehören.

  


Simon Jacob: Sweet Maple Cafe, 20.09.23 Chicago

 

Auch diesmal frage ich mich, während ich das Interview führe und die Gäste bzw. das Personal beobachte, ob sich die wunderbare Mutter zweier Kinder überhaupt bewusst ist, was sie seit der Gründung des Cafés im Jahr 1999 in diesem Stadtteil Chicagos geschaffen hat. Für mich als Ausländer, der versucht, in die amerikanische Gesellschaft einzutauchen, ob auf dem Land oder in der Stadt, ist die Gemeinschaft des Cafés wie eine wunderbare Familie, so wie die USA sein sollten und oft auch sind. Es zeigt mir, dass es zwar Vorurteile, Probleme und Konflikte gibt, die gelöst werden müssen, aber das gilt nicht für ganz Chicago und schon gar nicht für die USA. Laurene hat es geschafft, einen Journalisten aus Europa, der Jahre in Kriegsgebieten im Nahen Osten verbracht hat, davon zu überzeugen, dass die amerikanische Vielfalt und Diversität in den Staaten durchaus existieren und gedeihen kann. Das Sweet Maple Cafe ist das beste Beispiel dafür, denn es verkörpert das Beste der USA: Gemeinschaft statt Vorurteile und Ängste, inmitten einer großen Familie, die alle trennenden Grenzen überwinden kann.

 

Sweet Maple Cafe – Ein köstliches Frühstück

Abschließend möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass es einst mein hungriger Magen war, der mich zu Laurene führte. Unabhängig von der charismatischen Persönlichkeit der Inhaberin, dem mehr als freundlichen und äußerst vielseitigen Personal, das sich zur Überraschung eines Mitteleuropäers gut gelaunt mit mir auf ein langes und interessantes Gespräch einlässt, möchte ich auf die wunderbare Küche des Cafés eingehen. Jedes Mal, wenn ich in den USA bin, kämpfe ich gegen den Heißhunger auf süße Donuts, Kuchen und andere leckere Desserts an. Schon aus gesundheitlichen Gründen versuche ich, diesen zugegebenermaßen köstlichen Verführungen zu entgehen, denn der Zuckergehalt vieler amerikanischer Speisen ist für mitteleuropäische Mägen einfach viel zu hoch. Ich erinnere mich, wie ich einmal bei einer Dampferfahrt auf dem Mississippi während des Abendessens in ein für meine Verhältnisse stark überzuckertes Dessert biss und es sofort wieder weglegte. Es war mir einfach nicht möglich, die in der Gegend beliebte Süßspeise ein zweites Mal anzurühren. Sie war mir eindeutig zu süß. Anders sah es mit dem Essen im Chicago Café aus. Pfannkuchen, Zimtgebäck und andere Desserts sind nur so weit gesüßt, wie es nötig ist. Die Balance zwischen den Geschmacksempfindungen ist sehr ausgewogen. Alles passt harmonisch zusammen. Auch die herzhaften Speisen, sei es ein wunderbar zubereitetes Omelett, Speck oder Toast mit Butter, Käse und Marmelade. Im Sweet Maple Cafe wird alles mit Liebe, Geduld und einer gesunden Portion Gelassenheit zubereitet.

 


Simon Jacob: Frühstück im Sweet Maple Cafe, 20.09.23 Chicago

 

Und wenn man in die wunderbaren Speisen dieser faszinierenden Dame, die Laurene verkörpert, beißt, wünscht man sich ein wenig, dass alle Menschen auf der Welt, vor allem diejenigen, die sich streiten, sich im Sweet Maple Cafe treffen, das Essen genießen, den intensiven und wohlwollenden Duft des ausgezeichneten Kaffees wahrnehmen und einfach miteinander reden, um die Atmosphäre einzuatmen, die Laurene für die Gesellschaft geschaffen hat.

Als ich sie (Laurene) fragte, ob sie sich bewusst sei, welchen Raum sie über das kulinarische Angebot hinaus für die Gäste geschaffen habe, schaute sie mich nur ein wenig verwundert an und antwortete auf meine direkte und ernst gemeinte Frage mit den Worten:

„Nun, es ist einfach so entstanden... aus meinen vielen Erfahrungen und dem Wunsch, mit allen Menschen um mich herum ein harmonisches Leben zu führen. Getragen von Respekt, gegenseitiger Anerkennung und ohne Angst voreinander“.

 

Liebe Laurene,

danke, dass es Menschen wie Dich gibt. Du hast mit dem Sweet Maple Cafe einen „Ort der Kultur“ geschaffen. Darauf kannst Du mit Deinem Team stolz sein. Und bitte, wenn Du das nächste Mal einen Käsekuchen backst, dann mit deutscher Note und mit Quark. Bis zum nächsten Mal.

Simon Jacob,

15. Dezember 2023, Deutschland, Augsburg