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Autor: Jan Gehm
Ort: Armenien, Aserbaidschan
Format: Text
Thema: Gesellschaft & Minderheiten
Datum: 24.09.2023
Portal: zocd.de
Textdauer: 2 Minuten
Sprache: Deutsch
Titel: Mahnwache: Genozid in Bergkarabach verhindern!

 


Bildquelle: Nora Erdmann, GfbV

 

Mahnwache: Genozid in Bergkarabach verhindern!

  

Aufgrund der erneuten Angriffe Aserbaidschans auf die Region Arzach/Bergkarabach, in der 120.000 ethnische Armenier leben und die durch die Blockade der Zufahrtswege betroffen ist, fand am Samstag, den 23. September 2023 eine Mahnwache vor dem Bundeskanzleramt in Berlin statt. Initiiert wurde die Veranstaltung von einem Bündnis verschiedener Organisationen. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) unter der Leitung von Sarah Reinke rief zur Teilnahme auf und organisierte die Veranstaltung gemeinsam mit dem Arbeitskreis Anerkennung, Gegen Genozid für Völkerverständigung (Dr. Tessa Hofmann), dem Zentralrat der Armenier in Deutschland (Jonathan Spangenberg) und der Diözese der Armenischen Kirche in Deutschland (Pfarrer Hratsch Biliciyan und Archimandrit Yeghische Avetisyan). Auch der Zentralrat Orientalischer Christen in Deutschland beteiligte sich. Weitere Unterstützer der Mahnwache waren unter anderem die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (Matthias Böhning) und die Aktion der Christen für die Abschaffung der Folter.

  

Rund 200 Menschen folgten dem Aufruf der Organisationen und versammelten sich mit Fahnen und Transparenten vor dem Bundeskanzleramt. In einem schriftlichen Appell wurden die Forderungen der beteiligten Organisationen zusammengefasst. Diese beinhalten den Abzug der aserbaidschanischen Streitkräfte aus der Region, die Entsendung von Waffenstillstandsbeobachtern, eine Stellungnahme zu den Verbrechen Aserbaidschans an der Bevölkerung, eine internationale, unabhängige Untersuchung, Sanktionen gegen die aserbaidschanische Führung und die Entsendung internationaler Friedenstruppen. Insgesamt wurden 1600 Unterschriften für den Appell gesammelt.

  


Bildquelle: Nora Erdmann, GfbV

 

Zu den Rednern der Mahnwache gehörte auch Dr. Gerayer Koutcharian, ein Nachfahre von Überlebenden des Völkermordes im Osmanischen Reich. Seine Familie väterlicherseits stammt selbst aus der Region Berg-Karabach. In seiner Rede drückte Koutcharian sein Entsetzen über die aktuellen Geschehnisse in der Region aus:

 

"Ich habe bisher immer gedacht, Völkermord gehöre der armenischen Vergangenheit an. Ich habe mich getäuscht. Der Völkermord von 1915 setzt sich fort."

 

Dr. Tessa Hofmann drückte die kollektive Stimmung aller Teilnehmenden aus, als sie sagte:

 

"Betroffen, ohnmächtig und wütend stehen wir hier vor dem Bundeskanzleramt".

 

Die Bestürzung über die bevorstehende "ethnische Säuberung" war den Anwesenden anzusehen. Immer wieder wurde der Ruf nach Sanktionen gegen Aserbaidschan laut und auch die Einhaltung der Menschenrechte in dieser Situation wurde thematisiert. Hofmann betonte die Notwendigkeit, die Menschenrechte zu respektieren und verwies auf das Recht auf Heimat und das Recht auf Mobilität. Der Vorsitzende des Zentralrats der Armenier, Jonathan Spangenberg, fand klare Worte und erinnerte an die Verantwortung, die sich aus dem Beschluss des Deutschen Bundestages vom 2. Juni 2016 zur Anerkennung des Völkermords an den Armeniern ergebe. Spangenberg forderte Deutschland und insbesondere Bundeskanzler Olaf Scholz auf, sich jeder Form von Völkermord, ethnisch motivierter Bedrängung, Unterdrückung, Verfolgung und Vertreibung entschieden entgegenzustellen. Im Anschluss an die Mahnwache wurden die gesammelten Unterschriften des Appells an das Bundeskanzleramt übergeben.

 

Jan Gehm (Vorstand & Redaktion ZOCD),

24 September 2023,

Berlin

 

v.r.n.l. Dr. Gerayer Koutcharian, Dr. Tessa Hofmann (AGA), Aktivistin, Pfarrer Hratsch Biliciyan, Archimandrit Yeghische Avetisyan, Samuel Lulukyan, Jonathan Spangenberg (ZAD), Jan Gehm (ZOCD), Matthias Böhning (IGMF)
Bildquelle: Nora Erdmann, GfbV