Autor: Manuela Woywode
Ort: Syrien
Format: Text
Thema: Gesellschaft
Datum: 11.01.2023
Portal: www.zocd.de  
Textdauer: ca. 5 Min.
Sprache: Deutsch
Titel: ZALIN Ein Kindergartenprojekt in Qamishli

 

 
Quelle + Copyright: Oannes Consulting GmbH 
 
 
ZALIN – Ein Kindergartenprojekt in Qamishli

Die Lage in Syrien treibt viele Menschen dazu, ihr Heimatland zu verlassen, ihre Wurzeln aufzugeben und sich an einem sicheren Ort ein neues Leben aufzubauen. Unter dem langanhaltenden Krieg und der schlechten wirtschaftlichen Lage, leiden die Familien, vor allem aber die Kinder in Syrien. Auch die Stadt Qamishli, im Nordosten von Syrien, an der Grenze der Türkei liegend, hat mit der aktuellen Situation zu kämpfen. Aufgrund ihrer multiethnischen und toleranten Bevölkerung hat die Stadt jedoch noch das Glück, den Bürgern ein friedvolleres Leben zu gewährleisten. Um Familien der Stadt Qamishli zu unterstützen, hat die Organisation aus Syrien „Assyrian Society for helping and development“ ein Kindergartenprojekt ins Leben gerufen. Mit Issa Hanna, Leiter des Europäisch-Christliches Entwicklungswerk für Syrien, unterhalten wir uns über die Bedeutung des geplanten Kindergartenprojektes „ZALIN Kindergarten Project“ und wie wir einen Teil dazu beitragen können. 

 

Issa Hanna selbst wurde 1957 in Qamishli in Syrien geboren und ist dort aufgewachsen, bis er in den Achtzigerjahren für das Studium nach Deutschland reiste. In Deutschland ist Issa als Sprachlehrer seiner Muttersprache und Religionslehrer der syrisch-orthodoxen Kirche an deutschen öffentlichen Schulen tätig, später gibt er auch an der Inlingua Sprachschule für Aramäisch und Arabisch etwas von seinem Heimatland Syrien weiter. Neben seinen beruflichen Tätigkeiten ist Issa Hanna Mitgründer assyrischer Vereine – des Zentralverband der Assyrer (ZAVD) und Leiter der Assyrischen Demokratischen Organisation (ADO), nicht zuletzt des Europäisch Christlichen Entwicklungswerks für Syrien (ECEWS). Seine Erfahrungen und sein Wissen teilt er in zahlreichen Vorträgen, Seminaren und Konferenzen, in denen es um die Belange der assyrischen Frage und um über die Situationen in Syrien, dem Irak, dem Libanon und der Türkei geht.

 
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Issa Hanna, Bildquelle: Issa Hanna
  
Um was für ein Projekt handelt es sich? 
Es handelt sich um ein humanitäres und soziales Hilfsprogramm, das Familien mit Kindern in der aktuellen Situation in Qamishli in Syrien helfen und den Familien ein gewohntes Leben ermöglichen soll.
 
Euer Partner aus Kamischli „Assyrian Society for Helping Development“ leitet das Projekt? Wer ist das und was machen sie vor Ort?
Ins Leben gerufen, wurde das Projekt von unserer Partnerorganisation Assyrian Society for helping and development, diese hat auch die Leitung inne. Sie hat ihren Sitz in Syrien und ist Träger des Projektes „ZALIN Kindergarten Project“.
 
Die Organisation verfolgt folgende Ziele: 
Assyrian Society for helping and development kümmert sich um bedürftige Familien in der Provinz Hassake, wozu die Städte Qamishli, Al-Malikiya, Qahtaniya und Hassake zählen. Sie unterstützt Studenten dabei, ihr Studium zu absolvieren und gibt kulturelle Kurse für die Jugend. Das Institut hält Vorträge über die gesellschaftlichen Normen zwischen Mann und Frau und spricht über das Thema Gleichberechtigung. Sie fördert die Teilnahme an ehrenamtlichen Tätigkeiten und hilft bei Kontaktaufnahmen mit Institutionen und Verbänden, die dieselben Ziele anstreben. Für das Projekt ZALIN in Qamishli ist ein Projektbeginn zum Schuljahr 2023/2024 geplant. Dafür werden vier Räumlichkeiten für vier Gruppen gemietet. Dazu kommen eine Küche, ein Bastel- und Spielraum sowie ein Büro hinzu. Etwa 60 Kindern im Alter zwischen drei bis sechs Jahren soll dort ein schönes Aufwachsen ermöglicht werden. Insgesamt werden 59.492 US-Dollar benötigt. Nach drei Jahren soll sich das Projekt selbst finanzieren können. Die ursprüngliche Summe für die Planung und Umsetzung belief sich auf 49.492 US-Dollar. Jedoch schätzen wir diese Summe, aufgrund von steigenden Preisen und der Inflation, höher ein. 
 
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Bild + Quelle: Issa Hanna 
 
 
Wie kam es zu der Projektidee?

Das hängt natürlich mit der Situation in Syrien, besonders in der Provinz Al Hasake zusammen. Die prekäre Situation in diesem Gebiet begründet sich durch zwei Faktoren. Die seit über zehn Jahren andauernde Krise, bzw. der Krieg in Syrien und die dadurch entstandene und mit jedem Jahr schlechter werdende wirtschaftliche Situation. Darunter leiden an erster Stelle Familien, vor allem aber die Kinder. 

Aufgrund der Situation, die den Familien, abgesehen vom Krieg, auch wirtschaftlich sehr zu schaffen macht, werden auch die Frauen, die üblicherweise zu Hause bei den Kindern bleiben, nun dazu aufgerufen, ebenfalls zur Arbeit zu gehen, um überhaupt „über die Runden“ zu kommen. Deswegen wollen wir mithilfe des Projektes ZALIN den Kindern ein gesundes Umfeld bieten, während die Eltern zur Arbeit gehen können. Gleichzeitig werden Erzieher und Betreuer beschäftigt, die wiederum eine eigene Familie zu Hause zu versorgen haben. 

 
Was ist das Besondere an dem Kindergartenprojekt? Welchen Mehrwert haben die Kinder an diesem Ort? 

Intention hinter dem Projekt ZALIN ist Hilfe zur Selbsthilfe. Nach drei Jahren endet das Projekt mit dem Ziel, sich durch eine bereits aufgebaute und funktionierende Infrastruktur und Abläufe anschließend eigenständig finanzieren zu können. Wir möchten den Kindern die Möglichkeit geben, einen Kindergarten besuchen zu können, um ihre Muttersprache zu vertiefen, Geschichte zu erlernen und die Kultur besser kennenzulernen. Natürlich möchten wir den Kindern in einer kinderfreundlichen Umgebung mit Gleichgesinnten zudem eine schöne Atmosphäre und ein behütetes Aufwachsen sichern, um sie dabei zu unterstützen, ihre Traumata besser verarbeiten zu können. Aus den Augen eines Kindes betrachtet, gilt jedoch für das erstrebenswerte Ziel, eine routinierte Umgebung zu schaffen, mit gleichaltrigen Freunden, in der Spaß und Freude oberste Priorität haben.

 

Wie weit hat sich das Projekt bisher entwickelt?
Die aufwendige Vorbereitung des Projektes bis hin zur Durchführung, wurde bereits ausgearbeitet und geplant. Eine rechtzeitige Durchführung für das nächste Schuljahr 2023/2024 hängt natürlich von den Ressourcen ab, die wir bereitstellen können.

 
Gibt es Herausforderungen und Hürden bei dem Kindergartenprojekt in Qamishli? 
Die gegenwärtige Situation mit dem Status „Krieg“ zeigt deutlich die Hauptherausforderung, die aber kaum voraussehbar ist und das Projekt natürlich verhindern kann. Aufgrund unserer über zehnjährigen Erfahrung sind wir jedoch zuversichtlich, dass das Projekt im geplanten Zeitraum starten wird.
 
 
Wie siehst du die humanitäre Lage in Qamishli?
Generell ist die Situation in Syrien katastrophal. Einige Gebiete wurden regelrecht zerstört. Ein normales Leben unter diesen Bedingungen ist nicht möglich. Anders ist es in Qamishli, sowie der Umgebung. Hier haben wir „Glück im Unglück“, wenn man es so nennen mag, da sich ein Gremium von dort lebenden, ethnisch unterschiedlichen Völkern, gebildet hat. Assyrer, Araber und Kurden kooperieren zusammen.  Gemeinsam haben sie beschlossen, ein Leben in einem möglichst friedvollen Umgang miteinander zu führen. Dadurch ist eine große Katastrophe, jedenfalls in der Region, bisher ausgeblieben.
 
 
Was ist deine Motivation? Was sind deine Beweggründe aktiv zu helfen?

Es ist mein Heimatland. Zu wissen, dass ich aus der Ferne, weit weg von Leid und Krieg, helfen kann, macht mich glücklich. Mein Wunsch ist groß, dass unsere Landesleute, die Gebiete um Qamishli oder allgemein Syrien weiterhin beheimaten. Wenn Familien einmal geflüchtet sind, ist die Wahrscheinlichkeit der Rückkehr gering. Und so verlieren wir auf kurze oder lange Sicht unsere Wurzeln.

Ich leite zudem das „Europäisch-Christliches Entwicklungswerk für Syrien e.V.“ und setze mich dabei für mehrere Ziele ein:  

 

  1. Die Förderung des Nachwuchses bzw. der Jugendlichen im Bereich der Bildung mithilfe verschiedener Projekte und Maßnahmen für den Aufbau des persönlichen und sozial-gesellschaftlichen Selbstbewusstseins. 
  1. Zudem unterstützen wir bedürftige christliche Familien in Syrien in ihrer Existenzsicherung und fördern berufliche Ausbildungen durch Projekte. 
  1. Außerdem arbeiten wir mit Partnerorganisationen (inklusive NGOs) in Europa und in Syrien zusammen.
 
Was erwünschst du dir zukünftig von diesem Projekt für die Stadt Qamishli?
Das größte Ziel ist den dort lebenden Menschen mit diesem Projekt Hoffnung und Halt zu geben. Ihnen Möglichkeiten aufzeigen, wie man funktionierende Trägerschaften und Organisationen bilden kann. Sich zu trauen, auch weiterzudenken. Und das Bewusstsein eines Einzelnen anzusprechen, dass Hilfe in den eigenen Kreisen möglich ist. 
 
Welche Unterstützung wünscht ihr euch und wie kann man euch am besten dabei helfen?
Wir wollen eine möglichst große Reichweite für das Projekt erreichen, um nicht nur Unterstützer zu finden, sondern auch Mitwissende, die das Schicksal der dort lebenden Familien kennen und mithelfen wollen.

Das Projekt wird das Erste seiner Art in Qamishli sein. Wir haben dadurch die große Chance, eine Blaupause für Projekte, ähnlicher Art, auf den Weg zu bringen,  um der einheimischen Bevölkerung einen Weg aufzuzeigen, welcher Chancen bietet. Nicht jeder kann und sollte auch flüchten müssen. Gibt es Perspektiven im Ursprungsland, blieben sie auch. Niemand möchte freiwillig seine Heimat verlassen. Damit schaffen wir eine Win -Win-Situation für alle. Übrigens auch für Aufnahmeländer wie Deutschland, in denen aktuell eine Integrationsdebatte tobt.  

  
 
 Bild + Quelle: Issa Hanna 

  

 

 

Über das Spendenkoto wie folgt kann das Projekt unterstützt werden:

Kontoinhaber: EUROPÄISCH-CHRISTLICHES ENTWICKLUNGSWERK FÜR SYRIEN e.V. 
IBAN: DE64 7315 0000 0030 3974 67 
BIC: BYLADEM1MLM
Verwendungszweck: Zalin Kindergarten
Webseite: www.ecews.eu

Alle Spenden sind steuerlich absetzbar.

 

Wer mehr über das Projekt erfahren möchte, oder eine Spendenbescheinigung benötigt, kann mit Issa Hanna über assyria99@gmx.de oder via Telefon unter der Nummer 0172 8618351 Kontakt aufnehmen.