Autor: Simon Jacob
Ort: Deutschland
Thema: Gesellschaft & Politik
Datum: 13.02.2025
Textdauer: ca. 5 Minuten
Zur Person:
Der gebürtige Heilbronner und Jurist Alexander Richard Throm gehört seit 2017 für die CDU dem Deutschen Bundestag an und vertritt den Wahlkreis Heilbronn als Direktkandidat. Seit 2021 ist der Bundestagsabgeordnete innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Der seit 1996 verheiratete Familienvater setzt sich für eine Begrenzung der Zuwanderung ein und plädiert für ein System, das weder die Gesellschaft noch die Kommunen überfordert. Der Zentralrat Orientalischer Christen führte mit Herrn Throm kurz vor der Bundestagswahl ein Interview über vergangene und aktuelle Straftaten von Bürgern mit Migrationshintergrund und deren Folgen für die Gesellschaft.
MdB Alexander Richard Throm (Bildquelle & Copyrights: Laurence Chaperon)
Sorge deutscher Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund
Interview mit MdB Alexander Throm (CDU): "Lösungen und Reformen in der Migrationsdebatte"
"Gerade Bundesbürgerinnen und Bundesbürger mit Migrationshintergrund nehmen die Themen ungesteuerte Migration, steigende Kriminalität, terroristische Bedrohungen und den zunehmenden Antisemitismus sehr ernst. Erschreckenderweise wenden sich immer mehr von ihnen aus Angst der AfD zu – ein Phänomen, das in den Medien kaum Beachtung findet. Viele Menschen mit Migrationshintergrund scheinen der AfD nicht aus Sympathie, sondern aus Verunsicherung ihre Stimme geben zu wollen."
Was läuft in Deutschland in dieser Hinsicht falsch?
(Alexander Throm) Friedrich Merz hat Recht, wenn er sagt: Wir stehen heute vor dem Scherbenhaufen einer seit zehn Jahren misslungenen Migrationspolitik. Und das schließt unsere Verantwortung als CDU mit ein. Migration hat eben zwei Seiten: Wenn sie organisiert und organisch wächst, profitieren alle. Wenn es unkontrolliert und in zu großem Umfang abläuft, kippt das System. Dann ist auch ein Land wie Deutschland irgendwann überfordert. Und dann schaffen wir es nicht mehr.
Die deutsche Gesellschaft wacht heute aus einer jahrelangen Naivität auf. Wir müssen endlich differenziert über Migration reden: Die unzähligen Fachkräfte und gut Integrierten dürfen nicht in einen Topf geworfen werden mit denen, die unser System missbrauchen und unsere Gesetze missachten. Deswegen lehnen wir auf der einen Seite die Remigration-Fantasien der AfD vehement ab. Auf der anderen Seite dürfen wir aber auch nicht in die Falle von Rot und Grün tappen, die pauschal nur von „Ausländern“ reden wollen und keine Differenzierung zwischen legaler und illegaler Migration anerkennen wollen.
War dies einer der Gründe, warum Friedrich Merz das Thema gesteuerte Migration so prominent auf die politische Agenda gesetzt hat?
(Alexander Throm) Es gibt viele Gründe. Der letzte Grund hieß Aschaffenburg, davor hießen die Gründe Magdeburg, Mannheim und Solingen. Wir in der CDU und CSU setzen uns seit Jahren für eine geordnete Migration ein – Friedrich Merz stand auch immer fest hinter diesem Ziel. Richtig ist aber auch, dass wir nicht beabsichtigt hatten, Migration so prominent im Wahlkampf zu thematisieren. Dazu gibt es zu viele andere drängende Themen, allen voran unsere seit Jahren schrumpfende Volkswirtschaft. Aber die Menschen erwarten hier zu Recht Antworten von der Politik, vor allem, wenn die Regierung das Problem bis heute ignoriert.
Hätte man das Thema nicht besser parteiübergreifend mit den Parteien der Mitte diskutieren können – insbesondere, wenn gesteuerte Migration grundsätzlich als notwendig erachtet wird?
(Alexander Throm) Genau das war auch unser Ziel. Nach Aschaffenburg haben wir die anderen drei demokratischen Parteien im Bundestag eingeladen, gemeinsam die Migrationspolitik anzupacken. Von der FDP haben wir dafür auch Unterstützung bekommen, von SPD und Grüne leider nicht. Dass die Grünen bei ihrer Totalblockade bleiben würden, war zu erwarten. Die SPD dagegen hat mich, ehrlich gesagt, enttäuscht. Wir haben im Zustrombegrenzungsgesetz ausschließlich Vorschläge gemacht, die wir früher schon mit der SPD beschlossen hatten. Etwa die Kompetenzerweiterung für die Bundespolizei. Dass Kanzler Scholz ernsthaft so tut, als wäre das verfassungswidrig, ist absurd und falsch. Der SPD ist es wichtiger, das Thema für ihren Wahlkampf zu nutzen.
Welche konkreten Veränderungen wird es mit einem Kanzler Friedrich Merz geben? Ist ein Paradigmenwechsel in der Migrationspolitik zu erwarten?
"Viele Bürgerinnen und Bürger haben das Vertrauen in die Politik verloren. Sie fürchten um ihre Arbeitsplätze, sehen sich mit massiven Preissteigerungen konfrontiert und erleben einen Krieg in Europa, der die Schlagzeilen dominiert."
(Alexander Throm) Eine vernünftige, ideologiefreie Wirtschafts- und Migrationspolitik muss der Kern der nächsten Bundesregierung sein. Ohne einer entschlossenen Wende in diesen Bereichen wird es keine Regierung mit der Union geben. Die Menschen erwarten, dass die Politik ihren Wohlstand und den gesellschaftlichen Zusammenhalt als höchste Priorität begreift. In der Migrationspolitik hat Friedrich Merz nach den Morden von Aschaffenburg die fünf Maßnahmen genannt, die er als Bundeskanzler umsetzen würde. Zurückweisungen an der Grenze gehören zwingend dazu, aber auch erweiterte Befugnisse für die Bundespolizei und ein zeitlich unbegrenzter Ausreisearrest für hochgefährliche Ausreisepflichtige.
Wie will ein Kanzler Merz das Vertrauen der Bevölkerung zurückgewinnen? Welche Maßnahmen plant die CDU/CSU, um glaubwürdig eine Wende herbeizuführen?
"Als orientalische Christen, die in Deutschland eine neue Heimat gefunden haben, in einem Land, das für Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit, Sicherheit, Frieden und Wohlstand steht, machen wir uns große Sorgen um die Entwicklungen in unseren Ursprungsländern – zum Beispiel in Syrien. Dort leben Menschen unterschiedlichster Religionen zusammen, doch viele, ob Christen, Alawiten oder Drusen, fürchten die Errichtung eines streng-islamistischen Regimes."
(Alexander Throm) Auch als Innenpolitiker habe ich Syrien und die Region im Blick. Was dort passiert, hat unmittelbare Auswirkung auf Deutschland. Und als Christ-Demokrat hat der Schutz der Christenheit in der Levante eine immense Bedeutung für mich, das empfinde ich als persönliche Verpflichtung. Unser Wahlprogramm sagt dazu: „Mit Nachdruck setzen wir uns weiterhin für die Rechte verfolgter und bedrängter Christen ein. Religionsfreiheit ist ein elementares Menschenrecht und muss mit allen Kräften geschützt werden.“ Syrien, Jordanien, Ägypten oder der Libanon haben seit zweitausend Jahren eine reiche christliche Tradition. Als Christ ist es mein Anliegen, dass es auch die nächsten Jahrtausende so bleibt.
Syrien spielt aktuell eine besondere Rolle für uns, als Hauptherkunftsland und aufgrund der jüngsten Umwälzungen. Deutschland muss Syrien als Partner unterstützen, die Wunden des Krieges und der Diktatur zu heilen, seine Städte und Unternehmen wieder aufzubauen, wieder fester Teil der Weltgemeinschaft zu werden. Der Schutz von Frauen, Christen und Minderheiten darf nicht zur Disposition stehen. Und die russischen Truppen, die über Jahre die Zivilbevölkerung terrorisiert haben, müssen raus aus dem Land.
Wie kann ein Kanzler Merz diesen Menschen die Angst nehmen und sich für die Wahrung der Menschenrechte in der Region einsetzen?
"In Deutschland leben, wenn man alle Konfessionen nahöstlichen und kaukasischen Ursprungs zusammennimmt, mehrere Hunderttausend Christinnen und Christen – oft bereits in dritter oder vierter Generation. Sie sind hervorragend integriert und leisten als Ingenieure, Wissenschaftler, Pädagogen, Ärzte oder Unternehmer einen wertvollen Beitrag zur Gesellschaft. Dennoch fühlen sich viele von ihnen in den letzten Jahren politisch und medial kaum beachtet – selbst innerhalb der CDU/CSU.
Ein konkretes Beispiel: Während des Berg-Karabach-Krieges zwischen Aserbaidschan und Armenien wurden christliche Gemeinden in Deutschland von türkischen Nationalisten mit deutscher Staatsbürgerschaft massiv bedroht – sowohl in den sozialen Medien als auch im realen Leben. Doch es gab kaum politische Reaktionen."
(Alexander Throm) In Deutschland gelten die deutschen Gesetze und das bedeutet: Wer sich hier politisch engagiert, muss das ohne Sorge vor Einschüchterung machen können. Es ist bekannt, dass ausländische Regierungen versuchen, ihre Staatsbürger auch hier durch Gewalt und Drohungen zu beeinflussen. Länder wie China, Russland, Iran oder die Türkei gehen dabei immer offener vor, offensichtlich fühlen sie sich sicher genug, hier so aufzutreten. Das ist für ein souveränes Land wie Deutschland absolut inakzeptabel. Die Sicherheitsbehörden dürfen einer solchen Beeinflussung nicht den Hauch einer Chance lassen. Vor allem: Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie diesen Ländern deutlich zu verstehen gibt, dass ein solches Verhalten bei uns nicht toleriert wird.
Warum bekommen muslimische Mitbürgerinnen und Mitbürger – zu Recht – Gehör, wenn es um ihre Ängste und Sorgen geht, während orientalische Christen in Deutschland kaum Beachtung finden?
"Hierzu ein Beispiel: Als der Islamische Staat Massaker an den Jesiden verübte, wurde das Thema in Deutschland intensiv medial behandelt – zahlreiche Talkshows luden jesidische Vertreter ein. Doch als orientalische Christen mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert waren, blieb eine breite mediale Auseinandersetzung aus."
Wie erklären Sie sich dieses Ungleichgewicht in der medialen und politischen Wahrnehmung?
Besteht in Deutschland eine generelle Abneigung gegenüber dem Christentum?
(Alexander Throm) Wir brauchen die starke Stimme der Orientalischen Christen in Deutschland heute mehr denn je. Denn ich glaube nicht, dass es in Deutschland eine Abneigung gegenüber dem Christentum gibt – es ist viel mehr Unwissenheit, die weit verbreitet ist. Jeder bei uns kennt die Katholische und Evangelische Kirche, die Östlich-Orthodoxe Kirche mag auch noch vielen bekannt sein. Spätestens die Orientalisch-Orthodoxe Christenheit ist aber den wenigsten ein Begriff. Die meisten Deutschen dürften überrascht sein, wie viele Jordanier, Libanesen und Ägypter etwa Christen sind; dass es noch heute in Syrien Kirchengemeinden gibt, die vom Apostel Paulus gegründet wurden; dass das älteste Kloster der Welt am Berg Sinai liegt.
Ich wünsche mir, dass wir Christen in Deutschland und Europa wieder ein besseres Bewusstsein für unsere Brüder und Schwestern in der Levante und im Orient entwickeln. Das würde auch die Augen für deren Schicksale öffnen. Und wir würden dann noch besser erkennen, welchen herausragenden Beitrag die Orientalischen Christen auch für unser Leben in Deutschland leisten.
Welche Bedeutung hat das „C“ im Namen Ihrer Partei heute noch?
(Alexander Throm) Der christliche Glauben hat Deutschland geschichtlich, kulturell und wertemäßig tief geprägt. Dazu bekennen wir uns als CDU und CSU, das „C“ ist die Basis unserer politischen und gesellschaftlichen Werte. Das Christentum ist dabei nicht nur Ansporn unserer Gesinnung, sondern auch unserer Verantwortung. Wie es in der Präambel des Grundgesetzes steht: Wir sind uns unserer Verantwortung vor Gott und den Menschen bewusst. Deswegen bekennen wir uns zum Schutz der christlichen Feiertage und zum Religionsunterricht in den Schulen. Deswegen steht der Schutz des menschlichen Lebens auch vor der Geburt für uns nicht zur Disposition. Deswegen hat der Schutz der christlichen Minderheiten weltweit für uns Priorität.
Der ZOCD dankt Alexander Thom im Namen seiner Mitglieder.
Das Interview wurde von Simon Jacob, ehrenamtlicher Geschäftsführer und Redaktionsleiter des ZOCD, geführt.