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Autor: Simon Jacob 

Ort: Deutschland

Format: Text

Thema: Religion, Gesellschaft

Datum: 13.04.2024

Portal: ZOCD.DE

Textdauer: 5 Minuten

Sprache: Deutsch

Titel: IFTAR - Empfang  in der US – Botschaft – Über kulturellen und religiösen Austausch

  


(Bildquelle: Gabriel Gouryie)

 

IFTAR - Empfang  in der US – Botschaft – Über kulturellen und religiösen Austausch

Der Ramadan ist eine Zeit der Hingabe, der Nächstenliebe, der Begegnung und der Besinnung. Den Monat des islamischen Kalenders feiern und fasten jedes Jahr mehr als eine Milliarde Muslime auf der ganzen Welt. Der diesjährige Ramadan begann am 10. März und endete am 9. April. In diesem Monat kommen die Gläubigen zu gemeinsamen Mahlzeiten zusammen, um das Fasten zu brechen. 


Anlässlich dieser besonderen Zeit lud Dr. Amy Gutmann, Botschafterin der Vereinigten Staaten in Deutschland, am 13. April zum IFTAR in die Botschaft der Vereinigten Staaten in Berlin ein. Vertreterinnen und Vertreter der muslimischen Mehrheit in Deutschland, Diplomaten, Bundestagsabgeordnete und deutsche Beamte, muslimische Persönlichkeiten wie die syrische Köchin Malakeh Yazmati aus Berlin sowie Akteure des interreligiösen Dialogs und NGOs kamen in der Residenz zum interreligiösen Fastenbrechen zusammen. Auch der ZOCD war zu Gast. Stellvertretend war Gabriel Gouryie, Vorstandsmitglied des Zentralrats der Orientalischen Christen, vor Ort. Für ihn, den Christen und Angehörigen der syrisch-orthodoxen Kirche, die in Deutschland über 100.000 Mitglieder zählt, war es die erste Veranstaltung dieser Art. Im Anschluss an die Veranstaltung führten wir mit Gabriel ein lebhaftes Interview, das über das Fastenbrechen (IFTAR) hinaus viel über die Ängste und Sorgen, aber auch die Hoffnungen und positiven Entwicklungen aussagt, wenn man sich auf solche Begegnungen einlässt und einen offenen Austausch zulässt.

 


(Bildquelle: Gabriel Gouryie)

 

IFTAR-Veranstaltung: Interkulturelles und interreligiöses Fastenbrechen - Fragen an Gabriel:

 
1.    Was waren deine Eindrücke der IFTAR-Veranstaltung? Wie verlief der Abend?

Ich würde sagen, dass die Veranstaltung, die für mich die erste dieser Art war, auf ganzer Linie überzeugt hat. Mir war nicht bewusst, dass zu solchen muslimischen Veranstaltungen auch Menschen anderer Religionen - Politiker, Geistliche, Künstler - eingeladen werden. Für mich als Aramäer, der Deutschland als seine Heimat betrachtet und dessen Eltern einst aus dem Nahen Osten gerade aus Angst vor Extremismus und Islamismus in eine offene und pluralistische Gesellschaft geflohen sind, ist es nicht immer einfach, den Islam als solchen in seinen verschiedenen Facetten zu betrachten. Das IFATR der US-Botschaft gab mir, auch im Namen des Zentralrats Orientalischer Christen in Deutschland, eine gute Gelegenheit dazu. In diesem Zusammenhang möchte ich mich noch einmal bei der US-Botschafterin, Frau Any Gutmann, für diese Initiative bedanken.

 

2.    Das bedeutet, dass der interreligiöse Austausch für Dich im Vordergrund stand? 

Das trifft genau zu! Denn gerade bei diesen wertvollen Veranstaltungen kommen Menschen mit den unterschiedlichsten Ansichten im Rahmen der Demokratie und der Religionsfreiheit zusammen, um Brücken zu bauen. Und Brücken müssen gebaut werden, um Frieden und Sicherheit in einer Welt zu gewährleisten, die immer unsicherer zu werden scheint. Dazu können die Religionen ihren Beitrag leisten. Aber es braucht eben solche interreligiösen Veranstaltungen, wie sie die US-Botschaft mitten in Berlin initiiert hat.

 

3.    Was waren Deine prägenden Begegnungen an diesem Abend?

Neben der Freude über den Austausch mit der US-Botschafterin (Amy Gutmann), die sich für die Anwesenheit des ZOCD bedankte, waren es vor allem die offenen und fruchtbaren Gespräche mit den Geistlichen des Judentums und des Islams. Natürlich waren auch interessante Vertreter der Berliner Politik anwesend. Aber der Austausch mit den Geistlichen war für mich sehr wichtig, weil ich zum ersten Mal die Gelegenheit dazu hatte. 

 

4.    In diesem Zusammenhang muss „Glaube“ eine besondere Bedeutung in Deinem Leben haben...

Mein christlicher Glaube bedeutet für mich, einen Anker im Leben zu haben, Strukturen zu verinnerlichen, einen Weg vor sich zu haben, den man für eine bessere Welt gehen kann. Ohne meinen Glauben wäre ich irgendwie verloren im Leben. Ich glaube, der Mensch braucht Halt und Sinn im Leben. Beides finde ich als Christ in meiner Glaubenslehre, in deren Mittelpunkt die Nächstenliebe, der Respekt und die Liebe zu allem Leben stehen. Wenn das nicht so wäre, könnte ich mich in einer vielfältigen Gesellschaft nicht für andere Menschen öffnen.

 

5.    Was hast Du zum Schluss als besonders prägendes Merkmal mitgenommen? 

So einfach es auch klingen mag, aber durch solche Begegnungen wird man aufgeschlossener. Wie schon im Vorfeld erwähnt, war es für mich die erste Veranstaltung dieser Art. Die vielen Begegnungen haben mich nachhaltig geprägt und zum Nachdenken angeregt.  Ich gebe zu, dass der Prozess der Selbstreflexion, der für ein breites Verständnis anderer Kulturen und Religionen unabdingbar ist, dadurch verstärkt wurde. Durch den persönlichen Austausch werden Ängste und Befürchtungen automatisch abgebaut. Es entsteht mehr Offenheit, die von einer gesunden Neugierde getragen wird. Deshalb würde ich mich sehr freuen, und hier spreche ich auch für den Zentralrat Orientalischer Christen in Deutschland e.V., wenn es mehr Veranstaltungen dieser Art, auch von deutsch-orientalischen Christen, gäbe.

 


(Bildquelle: US-Botschaft Berlin)

 

Wir danken Gabriel, der sich ehrenamtlich um die Belange des ZOCD in Berlin kümmert und sich die Zeit genommen hat, an dieser wichtigen Veranstaltung teilzunehmen und anschließend seine Erfahrungen mit uns allen zu teilen.