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Festakt zum 25-jährigen Klosterjubiläum des koptisch-orthodoxen Klosters in Höxter-Brenkhausen

 

Vor 25 Jahren erwarb die koptisch-orthodoxe Kirche symbolisch im Rahmen eines Erbbauvertrages für “Eine Deutsche Mark” eine Klosterruine des alten katholischen Zisterzienserklosters Höxter-Brenkhausen. Das Kloster geht auf eine Gründung des Klosters Corvey zurück.

Zu Beginn ahnte der damals junge Mönch Pater Damian kaum, auf was er sich mit dem Versuch einer umfangreichen Renovierung des verfallenen Klosters eingelassen hatte. Viele erklärten Ihn damals für verrückt, weil sich die historische Klosterruine in einem bemitleidenswerten Zustand befand. Eine Komplettsanierung des abbruchreifen Gebäudekomplexes hielten damals nur wenige für möglich. Innerhalb von 10 Jahren, so die Vorgaben, sollten 30% des denkmalgeschützten Gebäudekomplex saniert und wieder bewohnbar gemacht wurden. Selbst bei der Katholischen Kirche, der Erzdiözese Paderborn und dem damaligen Eigentümer, der Stadt Höxter,  herrschten Skepsis vor. Aber weil man keine Alternativen hatte und das Gebäude vom Verfall bedroht war, wollte man dem damaligen jungen Pater Damian eine Chance geben.

Pater Damian ging mit dem ihm eigenen Elan an die Sache heran. Er  machte die Renovierung des Klosters zu seinem Lebenswerk. Heute ist der damalige junge Pater Damian der koptisch-orthodoxe Diözesanbischof für Norddeutschland. Das Gebäude ist weitgehend renoviert.

Zu Beginn der Baumaßnahmen musste der junge Pater nach Brenkhausen umziehen und lebte in den ersten Jahren unter schwierigsten Bedingungen in der Ruine. Es gab weder fließendes Wasser noch eine intakte Heizungsanlage. Im Winter  herrschten teilweise Temperaturen von unter minus 10°C. Mit Hilfe von oberägyptischen Handwerkern sowie vielen ehrenamtlichen Helfern gelang es Pater Damian, die unter Denkmalschutz stehenden  Bauauflagen zu erfüllen. Das Gebäude war teilweise in Lehmbauweise errichtet worden. Genau diese Lehmbauweise war und ist aber auch Bestandteil der ägyptischen Baukultur.

So entwickelte sich auch die Restaurierung des Klosters zu einem wahren historischen Integrationsprojekt der koptischen Kirche in Deutschland. Es grenzt an ein Wunder, dass mittlerweile 98% des Klosters saniert wurden konnten. Viele ehrenamtliche Helfer wirkten an der Sanierung mit und leisteten damit auch einen ganz wichtigen Beitrag zur Integration christlich orientalischer Kirchen  in Nordrhein-Westfalen.

Bischof Anba Damian wurde nicht nur für diese Leistung im Rahmen des Festaktes vom 01.06.- 03.06.2018 geehrt. Er wurde auch geehrt für die vielen Freundschaften und Verbindungen, welche er im Rahmen einer gelebten Ökumene geschaffen hat. Diese gehen weit über die Grenzen der deutschen Gesellschaft hinaus. Im Rahmen des Festaktes wurde immer wieder diese Dialogarbeit und sein Beitrag zur Völkerverständigung gewürdigt.

Der Festakt begann am Freitag, den 01 .Juni 2018. Im seinem Vortrag über den Einzug der Heiligen Familie und deren Aufenthalt in Ägypten verdeutlichte Dr. Michael Hesemann, dass Ägypten nicht nur die zur Flucht gezwungenen Heilige Familie vor der Verfolgung durch Herodes geschützt hatte, sondern zugleich auch zum ersten christianisierten Land außerhalb Israels wurde.  Dies ist auch der Grund dafür, dass es kein anderes Land gibt, welches in der Bibel so häufig wie Ägypten erwähnt wird.

Die Prophezeiung des Jesaja, Kapitel 19, Vers 19, beschreibt, dass es „mitten im Lande Ägypten einen Altar für den Herren geben sollte“. Deshalb entstanden in Assiut, dem geographischen Mittelpunkt Ägyptens, wo sich die Heilige Familie mehr als ein halbes Jahr aufgehalten hatte, ein Altar und eine Kirche, die heute zum Moharq Kloster (Marienkloster) gehört. Dieses Kloster ist bis heute eine der bedeutendsten Pilgerstätten in Ägyptens, welche an eine wichtige Reisestation der Heiligen Familie erinnert.

Ägypten gilt auch als Wiege der jüdisch-christlichen Entwicklung. Sehr viele Propheten haben Ägypten aufgesucht bzw. bereist, wie z.B. Abraham, Jakob und seine Söhne, die 12 Stämme Israels, Moses und eben später auch der Heiland selbst. Der Vortrag von Dr. Michael Hesemann beschrieb die herausragende Bedeutung Ägyptens für das Christentum. Dort entstand das Mönchtum durch den Heiligen Antonius, das Apostolische Glaubensbekenntnis und der damit verbundene Begriff der Dreifaltigkeit (Vater, Sohn und Heiliger Geist). Insbesondere der Heilige Athanasius, der spätere Patriarch und Papst der Koptisch-Orthodoxen Kirche, ist hier von hervorragender Bedeutung. Dieser war der Zögling des Heiligen Antonius und hatte sich 5 Jahre im Exil in Trier aufgehalten bevor er die  Göttlichkeit Jesu Christi vor dem Häretiker Arius verteidigte. Bis heute gilt die Alexandrinische Schule als eine Hochburg des antiken Wissens in den Naturwissenschaften, der Philosophie, der Theologie und anderen Fachgebieten. Die ehemals so riesige und einmalige Bibliothek steht stellvertretend für diese kulturelle Blüte, auch in den Übergangszeiten von heidnischem zu christlichem Glauben. Im Vortrag wurde die koptische Kirche als Urkirche des Christentums gewürdigt. Der Vortrag erinnerte zudem daran, dass Ägyptens das Land im Nahen Osten mit den meisten Christen (ca. 25 Millionen, laut Angaben des Patriarchats) ist.

Weitere Festreden wurden in der katholischen Pfarrkirche St. Johannes Baptist gehalten, die zum Ostflügel der Klosteranlage gehört. Dafür waren Volker Kauder (CDU-Fraktionsvorsitzender, MdB), Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Klaus Töpfer und Elmar Brok (Europaabgeordneter, MdEP), Friedhelm Spieker, Landrat des Kreises Höxter, Christian Haase (MdB) und Matthias Goeken (MdL) sowie André Kuper, der Landtagspräsident von Nordrhein- Westfalen und S.E. Dr. Badr Abdelatty, Botschafter der Arabischen Republik angereist. In ihren Reden wurde explizit das sehr freundschaftliche Verhältnis der koptisch-orthodoxen Kirche zu Deutschland und das integrative Lebenswerk von Bischof Anba Damian betont. Er wurde als ein wahrer Brückenbauer für die Ökumene gepriesen. Zudem wurde die Menschlichkeit des Bischofs hervorgehoben und seine beispielhaften Leistungen in der Flüchtlingsarbeit. Zu den Einsatzbereichen gehört auch die erworbenen Kaserne in Borgentreich, die mehr als 600 Flüchtlinge beherbergt und mehr als 60 Planstellen in einer strukturschwachen Region geschaffen hat. Die Früchte der Arbeit des Bischofs sind inzwischen sichtbar geworden, und die großartige Resonanz der Besucher ehrte dieses wichtige Werk des Bischofs. Es ist Bischof Damian gelungen, weitreichende  Verbindungen und Freundschaften der koptisch-orthodoxen Kirche mit großer gesellschaftlicher und politischer Reichweite zu schaffen. Es waren auch zahlreiche Bischöfe aus der Katholischen und Evangelischen Kirche anwesend  sowie der Griechisch-Orthodoxe Metropolit Augoustinos. Am anschließenden Festakt nahmen Fuat Demir (Vorsitzender der IGOC e.V.) und Mina Ghattas (Vorstandsmitglied der ZOCD e.V.) teil. Sie repräsentierten die orientalisch-christlichen Glaubensgemeinschaften in Deutschland. Ca. 650 Tsd. Orientalische Christen leben in Deutschland.

Am zweiten Tag, den 2. Juni, gab es ein theologisches Symposium und wissenschaftliche Vorträge im Rahmen eines Tages der Ökumene. Renommierte Professoren und Doktoren hielten Vorträge über die Kopten. So sprach beispielsweise Professor Dr. Dr. h.c. mult. Martin Tamcke (Professor für Interreligiöse vergleichende Theologie in Göttingen) über die ersten ökumenischen Begegnungen Luthers mit dem christlichen Orient und den Kopten sowie über „die Kopten in der heutigen Diaspora“ und ihre gegenwärtige Situation und die Entwicklung Ägyptens nach dem „Arabischen Frühling“.    Neben den Reden der anwesenden Wissenschaftler prägten u.a. der evangelische Bischof Dr. Dr. h.c. Markus Dröge von Brandenburg und Prinz Asfa-Wossen Asserate, Großneffe Haile Selassie diesen Tag.

 

 

 

Der dritte Tag des Festaktes, der 3. Juni 2018, begann mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Klosterkapelle, zu dem unter anderem auch der Erzbischof von Paderborn S.Em. Hans- Josef Becker sowie Dietmar Arends, der Superintendent der Evangelischen Kirche des Landes Nordrhein-Westfalen und Oberkirchenrat Dr. Ulrich Möller sowie viele Priester und Freunde des Klosters kamen.

Im Anschluss an diesen Gottesdienst fand eine Weserprozession statt, bei welcher dem Einzug der Heiligen Familie in Ägypten gedacht wurde und das Weserwasser durch S.E. Erzbischof Becker, S.E. Bischof Damian, Superintendent Dietmar Arends, Oberkirchenrat Dr. Ulrich Möller und anderer Priester und Pastoren gesegnet wurde. Es nahmen auch viele Kopten und Freunde des Klosters teil, so dass das Schiff mit mehr als 200 Besuchern gut belegt war. Danach sangen die Gläubigen viele Hymnen, und ein festlicher ökumenischer Gottesdienst wurde in der Evangelischen Kilianikirche in Höxter mit u.a. S.E. Erzbischof Mor Philoxenus Mattias Nayis (Syrisch-Orthodoxe Kirche) und Priestern und Pastoren der evangelischen und katholischen Kirche gefeiert. Beim anschließenden Empfang im historischen Rathaus der Stadt Höxter mit Bürgermeister Alexander Fischer kam es zu weiteren Ehrungen. Es wurde eine Urkunde sowie eine Festschrift des Klosters zum 25-jährigen Jubiläum übergeben. Vor allem wurden die Leistungen der Menschen, Firmen und Freunde gewürdigt, die das Kloster in den vielen Jahren unterstützt hatten. Nur mit Hilfe all dieser Beteiligten konnte diese „Klosterperle in Deutschland“, wie Bischof Damian betonte, erst entstehen.  Er forderte zudem die „die Einheit der christlichen Kirche weltweit als ein Muss”, die “kein Luxus der Christen” mehr sein dürfe. Es wurde deutlich, wie viele  Verbindungen der orientalischen und europäischen Christen in diesen 25 Jahren durch das Wirken von Bischof Anba Damian entstanden sind und welche Brücken einer gemeinsamen Geschichte der Orientalischen Kirche und der Deutschen Kirchen aufgebaut  wurden.

Es gilt auch daran zu erinnern, dass die orientalischen Christen, insbesondere die Kopten, an wichtiger Stelle daran beteiligt waren, das Christentum nach Europa zu bringen und damit auch an der Entstehung eines christlich-abendländischen und humanistischen Menschenbildes beteiligt waren. Es sind nicht zuletzt die theologischen und philosophischen Grundlagen, die noch heute die Wertvorstellungen vieler Menschen in der Europäischen Union prägen. Die orientalischen Christen sind damit ein fester Bestandteil der europäischen und auch deutschen Geschichte geworden. Gerade in schwierigen Zeiten, in denen das Christentum vor großen weltweiten Repressionen steht, bleibt das Zeugnis der Märtyrerkirchen des Orients ein wahres Zeugnis christlicher Standhaftigkeit und Stärke. Es dient somit auch als Vorbild für die Westkirchen. Die orientalischen Christen bauen Brücken in der Ökumene und stärken damit eine immer mehr pluralistisch und laizistisch werdende Gesellschaft, in der das Christentum an den Rand gedrängt wird.

Es bleibt in der Verantwortung aller Christen die Kulturgüter der deutschen Geschichte zu bewahren und sie als diese wahrzunehmen. Möge die Lebensleistung und das stetige Bemühen von Bischof Anba Damian dafür als wichtiger Beitrag dienen.

Möge Gott auch weiterhin Bischof Anba Damian Kraft, Hoffnung und Zuversicht schenken als Diener Gottes und Repräsentant unserer Heimatkirche in der Diözese von  Norddeutschland seinen wichtigen Dienst zu leisten.

Das 25-jährige Klosterjubiläum ehrt nicht nur die orientalischen Kirchen. Es ehrt alle Christen, die sich um eine wahre Einheit des Christentums bemühen. Wir wünschen Bischof Damian auch für die kommenden Jahre Erfolg, der auf christlicher Nächstenliebe, einem starken Glauben und Gottvertrauen ruht.

 

Mina Ghattas

Vorstandsmitglied ZOCD