Autor: Manuela Woywode
Ort: Deutschland
Format: Text
Thema: Politik, Religion, Minderheiten
Datum: 01.12.2022
Portal: www.zocd.de  
Textdauer: ca. 3 Min.
Sprache: Deutsch
Titel: 13. Hafis Menschenrechtsdialog: "Aufarbeitung und Versöhnung nach Flucht, Vertreibung und Exil"


Bildquelle: ZOCD e.V., Isabell Sardaryan

 

13. Hafis Menschenrechtsdialog: "Aufarbeitung und Versöhnung nach Flucht, Vertreibung und Exil"

Am 5. und 6. Oktober fand der 13. Hafis Menschenrechtsdialog im Rahmen der Interkulturellen Woche in Weimar statt. Mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen der Konflikte und Kriege, insbesondere dem Krieg in der Ukraine und der Situation der Menschen auf der Flucht, wurden sehr aktuelle Fragen diskutiert, aber auch über historische Geschehnisse reflektiert. Die Vorsitzende des Zentralrates Orientalischer Christen Isabell Sardaryan nahm als Diskussionsteilnehmerin am Menschenrechtsdialog teil. Im Rahmen eines Interviews teilt sie ihre Beweggründe und Hintergründe der Veranstaltung mit.

 

Was hat dich dazu bewegt, am Hafis Day teilzunehmen?

Die Geschichte von 13. Hafis-Menschenrechtsdialog und die Themen der Diskussionen haben eine Rolle für meine Teilnahme gespielt. Ich wusste auch, dass ich dort viele interessante Menschen kennenlernen werde, von denen ich etwas Neues lernen und von den Diskussionen mit ihnen neue Perspektiven bekommen kann.

 

Wer nahm am 13. Hafis-Menschenrechtsdialog teil? Welche Rollen haben sich gebildet?

Am 13. Hafis-Menschenrechtsdialog nahmen Mitglieder unterschiedlicher Organisationen, Akademiker und Akademikerinnen als auch Aktivisten und Aktivistinnen für Menschenrechte teil. Die Rollen wurden in verschiedene Panels verteilt.

 

Du warst am Hafis Day als Kommentatorin tätig, richtig? Was war hier deine Rolle? Wie hast du dich in dieser Rolle gefühlt?

Ich war als Diskutantin für ein Panel tätig. Meine Aufgabe war es, die Thematiken der Panelisten anzuhören und daraufhin Fragen zu stellen und Kommentare zu äußern. Ich habe Rückfragen zu den Themen gestellt und dabei sind kurze Diskussionen entstanden.

 

Wie lief der 13. Hafis-Menschenrechtsdialog ab?

Es gab, wie oben bereits erwähnt, geschlossene Diskussionen mit Panelen, aber auch öffentliche Veranstaltungen, die für jeden Interessenten angeboten wurden.

Eine der öffentlichen Veranstaltungen war eine Fishbowl-Podiumsdiskussion, die sich am Mittwoch mit dem Thema Flucht und Menschenhandel – aktuelle Herausforderungen befasste.

Vier Expertinnen, darunter Andrea Hitzke (Vorstand des Bundesweiten Koordinierungskreis gegen Menschenhandel KOK e.V), Yana Gospodinova (der CARITAS zugehörig), Prof. Dr. Beate Rudolf des Deutschem Institut für Menschenrechte (DIMR) und Ulrike Schwabe (Ausländerbeauftragte der Stadt Weimar), sprachen am Mittwoch über die Bekämpfung von Menschenhandel und den Opferschutz.

Zwei weitere öffentliche Veranstaltungen fanden am Donnerstag statt. Ein öffentliches Buchgespräch über das Buch Palästina und die Palästinenser von der Autorin Dr. Muriel Asseburg und eine weitere Fishbowl-Podiumsdiskussion mit dem Thema „Aufarbeitung und Versöhnung nach Flucht, Vertreibung, Exil“, die von den Experten Prof. Dr. Irina Scherbakowa (Gründerin der Memorial Moskau), Francesca Knaus (wissenschaftliche Mitarbeiterin des Büros Knut Abraham MdB in Berlin) und Dr. Heinrich Kreft von der Andrássy Universität in Budapest geführt wurden.

 

Haben sich im Hafis Day Lösungsansätze entwickelt?

Der Fokus lag mehr auf die aktuellen Situationen in der Ukraine, Palästina und auf anderen Fragen wie die Lage der Kurden im Irak und in Nordsyrien sowie die Situation der Geflüchteten in Deutschland.

 

Was bedeutet für dich Versöhnung?

Versöhnung in Konflikten bedeutet für mich: Gegenseitiger Respekt, Interesse an Zusammenarbeit. Versöhnung bedeutet auch, dass die Existenz von beiden Seiten gewährleistet ist und kein Druck der Assimilation und Vernichtung droht.

 

Du selbst bist Armenierin, damals aber freiwillig nach Deutschland gekommen. Wie erging es dir mit diesem Thema Flucht und Versöhnung?

Obwohl ich keinen Fluchthintergrund habe, habe ich in Deutschland und Europa viele Menschen mit Fluchthintergrund getroffen. Ich kenne viele Fluchtgeschichten von Geflüchteten und habe deren Meinung zu der Situation in ihren Heimatländern gehört. Ich kann mir nach meinen Begegnungen mit Geflüchteten vorstellen, dass sich die Bedeutung der Versöhnung bei Menschen unterscheidet. Manche Menschen sind so stark traumatisiert, dass sie überhaupt keine Möglichkeit zur Versöhnung sehen können, während manche Menschen für die Versöhnung sind, im Gegensatz zu den Regierungen in ihren Heimatländern.

Allerdings verlängern erneute Angriffe und erneute Grausamkeiten in einem Konflikt die Schritte von Versöhnung. Erneute Angriffe in einem Land lassen das Gefühl für Sicherheit, das ein wichtiger Teil der Versöhnung ist, verschwinden. Es ist manchmal leicht für Menschen in westlichen Ländern, Versöhnung in anderen Ländern mit Konflikten zu fördern. Allerdings sieht die Situation bei Menschen vor Ort in den Ländern, wo es aktuell Konflikte gibt, anders aus: Viele Familien, Verwandten der Soldaten, die getötet wurden, können sich Versöhnung mit dem Gegner schwer vorstellen. Der Verlust, die Trauer, die Traumata können nicht von heute auf morgen heilen. Ganz im Gegensatz zu den Vorstellungen derer, die aus den westlichen friedlichen Ländern stammen.

 

Nun spitzt sich auch in deinem Heimatland Armenien die Lage leider mehr und mehr zu. War der Konflikt Armenien – Aserbaidschan auch ein Thema?

Erst kurz nach dem Angriff von Aserbaidschan am 12. bis zum 14. September 2022 auf das souveräne Territorium von Armenien, habe ich am 13. Hafis-Menschenrechtsdialog teilgenommen. Zur Situation in Armenien wurde nicht öffentlich diskutiert, sondern es fand nur kurz und privat unter den Teilnehmern eine Unterhaltung darüber statt.

 

Welche Konflikte wurden speziell hervorgehoben und warum?

Der hervorgehobene Konflikt war der Russland-Ukraine Krieg und die aktuelle Situation im Iran. Meiner Meinung nach wurden diese Themen hervorgehoben, weil unsere Aufmerksamkeit mehr auf diese zwei Konflikte durch die Medien gerichtet wird. Es gab mehrere Teilnehmer, deren Beitrag über die Situation in der Ukraine und Russland ging.

 

Welche Thematiken/Konflikte wurden deiner Meinung nach zu wenig Beachtung geschenkt oder hättest du gerne noch ein bestimmtes Thema/Konflikt im Hafis-Dialog besprochen?

Ich hätte gerne die Lage in Syrien und in der Türkei besprochen. Die Türkei führt gerade eine ziemlich aggressive Politik gegen Armenien und gegen Kurden. Die aktuelle Lage in Syrien bleibt uns unbekannt und wir wissen nicht, wie es dort mit dem Regieren weiterlaufen wird.

 

Was hast du innerhalb der Tage für dich mitnehmen können? Hat dich etwas überrascht?

Ich habe vom 13. Hafis-Menschenrechtsdialog mitgenommen, dass in der Welt zeitgleich viele Konflikte laufen. Dabei wählen Menschen oft aus, für welchen Konflikt sie sich interessieren oder für welche Gruppe eines Konfliktes sie sich entscheiden und engagieren.